Schneeglöckchen – Galanthus, Weiße Jungfrau, Frühlingsglöckchen, Lichtmess-Glöckchen, Märzglöckchen, Schneetulpe, Marienkerzen, Schneeguckerchen
Das Märchen von Hans Christian Andersen, in dem die Kraft und die Zähigkeit des Schneeglöckchens gewürdigt wird ist vielen von uns aus den Kindertagen bekannt. Das Schneeglöcken zeigt heuer scharenweise seine bezaubernden weißen Köpfchen. Für mich sind sie immer ein Zeichen, dass der Frühling bald kommt. Als Heilpflanze ist das Schneeglöckchen den meisten jedoch kein Begriff. Dieses Jahr sind sie fast zeitgleich mit den Primeln und den Leberblümchen zu finden. Der Waldboden blüht bereits trügerisch und hoffentlich kommt nicht noch eine böse Frostüberraschung. Der botanische Name leitet sich aus den griechischen Wörtern „gála“ – für Milch und „ánthos“ für Blüte ab. Dem keltischen Glauben nach ist es Brigid – der Göttin des Licht gewidmet. Den christlichen Traditionen nach wird es mit Maria in Verbindung gebracht. Blütezeit ist ab ende Oktober bis etwa ende März. Als ich gestern einen sonnigen Weg durch die Weingärten in Salmannsdorf einschlug und die hübschen Frühblüher sah, kam mir ein kleiner Bub mit einen Sträußchen entgegen. Er zeigte sie mir und erklärte mir, dass es Schneeglöckchen sind. In seiner Hand waren jedoch auch Frühlingsknotenblumen. Die Unterscheidung möchte ich hier auch behandeln.
Aussehen
Das Schneeglöckchen ist eine ausdauernde krautige Pflanze. Sie gehört zu den Geophyten – Überdauerung unter der Erde, mittels Zwiebel. Die dunkelgrünen länglichen Blätter sind parallelnervig und stehen grundständig zusammen. Die Blüte wird anfangs von einem Hochblatt vor schlechten Wetterbedingungen geschützt. Auf einem langen Blütenschaft sitzt dann die Blüte, die bei den ersten Sonnenstrahlen die schützende Hülle durchbricht und nickend herabschaut. Die Blüte ist zwittrig, radiärsymmetrisch und besteht aus dreizähligen Blütenblattkreisen (Einkeimblättrig). Die Blütenhülle bildet sich aus drei weißen freien, Blütenhüllblättern. Innen drinnen befinden sich drei wesentlich kleinere und kürzere Blütenhüllblätter, die einen grünen Rand zeigen. Sechs spitzkegelförmige Staubblätter befinden sich darunter, jeweils zu dritt gruppiert. Die Fruchtblätter sind in einem unterständigen Fruchtknoten verwachsen, darin ein weißer Stempel mit einer kopfigen Narbe. Das Schneeglöckchen wird bis zu 15 cm hoch. Die Frucht besteht aus einer grünen kugeligen Samenkapsel. Alle Wildarten des Schneeglöckchens unterstehen dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen. Die Bestäubung erfolgt über Insekten.
Standorte
Die meisten Arten sind in Europa, Südeuropa, Südwestasien, Kaukasus und bis zum Kaspischen Meer beheimatet. Das Schneeglöckchen bevorzugt einen lehmig-humosen Boden, der auch immer Sommer eine gewisse Feuchtigkeit aufweist. Am liebsten steht es im Halbschatten, an Gehölzrändern (keine Nadelhölzer), sowie zwischen Sträuchern.
Verbreitung
Die Vermehrung erfolgt über Tochterzwiebeln. Sie entstehen in den Zwiebelschuppen wie Knospen, aus denen sich dann die Tochterzwiebeln entwickeln. Stirbt die Mutterzwiebel ab, überleben die Tochterzwiebeln und dienen somit der vegetativen Vermehrung.
Arten
Bei den unzähligen vielen verschiedenen Arten, sollen hier an dieser Stelle nur das kleine Schneeglöckchen – Galanthus nivalis, das Kaukasische Schneeglöckchen – Galanthus woronowii/Galanthus alpinus, und die Sommerknotenblume – Leucojum aestivum – angeführt werden. Weil es so viele Arten gibt und einige kultivierte Formen so unglaublich schön sind, hier nur ein paar Bilder zur Veranschaulichung dieser Schönheiten. Diese Formen sind gefüllte Arten.
Bildquelle: Bild: http://gras-gefluester.blogspot.co.at/2013/03/ich-bin-kein-galanthophiler-das-bin-ich.html und
http://foto.mein-schoener-garten.de/gefuellte-Schneegloeckchen-im-Regen-neu-foto-2176478-35.html
Inhaltsstoffe und Wissenswertes
Das Schneeglöckchen erzeugt über die Zwiebel Biowärme und schmilzt die noch vorhandene Schneedecke um sich herum. Alle Teile des Schneeglöckchens sind giftig und enthalten besonders konzentriert in der Zwiebel 0,8% – 1,6% Alkaloide – Galantamin und Lycorin. Vergiftungen mit Schneeglöckchen bewirken in erster Linie Magen-Darmbeschwerden. In der Zwiebel ist es das Amaryllidaeen-Alkaloid. Das Galanthamin ist einer der Wirkstoffe, die bei Demenz, um ein Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit einzubremsen, eingesetzt wird. Galanthamin kann aus dem kleinen Schneeglöckchen, aus den Kaukasischen Schneeglöckchen und der Gelben Narzisse gewonnen werden, wobei der Wirkstoff heute synthetisch hergestellt werden kann und die Pflanze selbst heute nicht mehr zur Gewinnung des Galanthamins verwendet wird. Im Kaukasus wurde das Schneeglöckchen schon lange Zeit in der Volksheilkunde eingesetzt. Dazu verspeisten alte, demente Menschen die Zwiebeln der Pflanze. Erstmals gelang die Synthese im Jahre 1953 aus den Zwiebeln des Kaukasischen Schneeglöckchens. Das Alkaloid wirkt als Antidementivum bei der Behandlung von Demenzen. Der Mangel an Acetylcholin/Neurotransmitter (Botenstoffe, die an chemischen Synapsen die Erregung einer Nervenzelle auf die andere übertragen) insbesondere bei Alzheimererkrankung wird durch dieses Alkaloid ausbalanciert. Der Wirkstoff Galanthamin hat einen doppelten Wirkmechanismus – Modulation von nicotinergen Acetylcholin-Rezeptoren und Hemmung der Acetylcholinesterase – was zu einer Erhöhung der Acetylcholinkonzentration im synaptischen Spalt führt. Es soll auch Hinweise geben, dass der ß-Amaloid-induzierte Zelltod von Gehirnzellen durch Galanthamin verzögert und der Glucosestoffwechsel des Gehirns optimiert werden kann. Als Medikament ist Galanthamin (meist als Hybromid) unter den Bezeichnungen 1A Pharma, Galantamin Hexal, Galantamin Ratio, Galnora und Reminyl erhältlich.
Strukturformel Galantamin, C17H21NO
https:common.wikimedia.org/wiki/File:Glantamin_Structural_formular.png.
Twin scalling: Das ist eine Vermehrungsmöglichkeit bei Zwiebeln. Wenn die Blüten sich eingezogen haben – also in den Ruhestand gegangen sind, kann man die Zwiebel mit einem scharfen Messer bis zum Zwiebelboden hineinritzen. So wird die Zwiebel angeregt Tochterzwiebeln zu erzeugen.
Anwendungen
Alzheimer-Erkrankung, Gedächtnisstörungen, Kinderlähmung, Nervenschmerzen, Trigeminus Neuralgie, Myasthenie (Muskelschwäche), Menstruationsbeschwerden.
Blütenessenz aus Schneeglöckchen
Das Schneeglöckchen steht symbolisch für einen Neuanfang, Zuversicht, Altes hinter sich zu lassen, Neues zu beginnen. Ausweglose Situationen, zu überwinden und Hoffnung in Lebenskrisen zu erhalten sind nur einige der Assoziationen.
Sommerknotenblume – Amaryllidaceae – Narzissengewächse
Ursprünglich war diese Form im Mittelmeergebiet beheimatet und ich bin erstmals in den Stopfenreuther Auen auf sie gestoßen. Dort fand ich sie in Massen, fast teppichbildend in den feuchteren Regionen.
Aussehen
Sie wird bis zu 50 cm lang, Zwiebelgewächs, bandförmig zu gespitzte Blätter. Sie hat glockenförmige Blüten aus sechs weißen Blütenblättern, mit einem grünen Punkt an der Spitze. An jedem Stängel befinden sich zwischen 3 und 7 Blüten. April bis Mai. Konzentration an Wirkstoffen in den Zwiebeln, 0,1% Alkaliode. Die Hauptalkaloide sind die vom Schneeglöckchen bekannten Verbindungen Galanthamin und Lycorin.
Frühlingsknotenblume – Leucojum vernum, Amaryllisgewächse – Amaryllidaceae, Märzenbecher, Märzglöckchen, Großes Schneeglöckchen
Hier leitet sich der Name aus dem griechischen Wort „leukos“ – weiß und „ion“ – Veilchen ab.
Aussehen
Auch die Frühlingsknotenblume ist eine ausdauernde krautige Pflanze. Sie hat ebenfalls eine unterirdische Zwiebel als Überdauerungsorgan und ist daher auch ein Zwiebel-Geophyt. Die Frühlingsknotenblume wird zwischen 10 und 30 cm hoch, hat breit-linearische Laubblätter, die an der Basis der Pflanze stehen und bis zu 20 cm lang werden können. Sie hat ganz charakteristisch eine 3,5 cm lange häutige Blattscheide. Es handelt sich dabei um zwei miteinander verwachsenen Hochblättern, die den blattlosen Stängel überragen. Heuer blüht es bei mir im Garten schon seit fast 14 Tagen, obwohl die Blütezeit gewöhnlich erst später, ab März bis April sein sollte. Die Frühlingsknotenblume duftet veilchenartig, hängt nickend meist einzeln, aber manchmal auch paarweise am Blütenstandschaft. Die Blüte ist glockenförmig, weiß und zwittrig. Es hat sechs in etwa gleich lange Perigonblätter – Schutz der Blüte. Die Blütenblattspitzen zeigen eine gelblichgrüne, fleckenartige Färbung auf. Es hat sechs freie Staubblätter mit orangefarbenen Staubbeuteln. Der Griffel hat eine keulenartige Form und der Name deutet auf den unterständigen Fruchtknoten hin. Die Blätter sind stumpf auslaufend. Die Bestäubung erfolgt über Tagfalter und Bienen, die von den saftreichen, dünnwandigen Diskuszellen angelockt werden. Im Inneren der Blüte lockt die Frühlingsknotenblume mit den sogenannten Saftmalen Insekten an – das sind „Pollenatrappen“ – „Pollenimitate“ die Besucher heranlocken. Das sind Teile im Inneren der Blüte, die kein UV-Licht reflektieren, aber nektarweisend sind. Saftmale unterscheiden sich in der Farbe vom Rest der Blüte. Das menschliche Auge kann diese Farbunterschiede oft nicht erkennen, aber die nektarsuchenden Insekten sehr wohl. Beispiele sind dafür auch beim Fingerhut – Digitalis purpurea oder bei der Gauklerblume zu finden. Verbreitung findet die Frühlingsknotenblume durch die birnenförmige fleischige fachspaltige Kapsel mit ihren schwarzen Samen. Tiere, die diese Früchte fressen und wieder ausscheiden sorgen für die Verbreitung. Die Frühlingsknotenblume ist streng geschützt. Für Pferde ist sie leicht giftig. Beim Menschen zeigen sich Vergiftungen durch Herzrythmusstörungen, leichten Lähmungserscheinungen, Erbrechen, Durchfall und Krämpfe.
https://de.wikipedia.org/wiki/Saftmal
Standorte
Auwälder, Laubmischwälder, alpine Gebiete. Sie ist gerade im alpinen Bereich stark gefährdet. Sie wächst in größeren Gruppen und Büscheln, selten aber in großen Mengen. Sie bevorzugt feuchte, mäßig saure Ton- und Lehmböden, Hartholz-Auwälder, nährstoffreichen Nasswiesen, Steinschutthaldenwälder oder Schluchtwälder. Die Frühlingsknotenblume ist ein Feuchtigkeitsanzeiger und kann bis in Höhen von 1600 m vorkommen.
Inhaltsstoffe
Auch hier ist die gesamte Pflanze giftig und enthält Alkaloide wie Galantamin und Lycorin.
weiterführende Literatur und links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Neurotransmitter
↑ Cholinesterasehemmer bei Alzheimer Demenz – Ergänzungsauftrag: Rivastigmin Pflaster und Galantamin Abschlussbericht des IQWiG (abgerufen am 2. April 2012).
http://botanik-steinburg.de/dateien_2012/Galanthus3_310112.pdf
https://de.wikipedia.org/wiki/Saftmal
Bild: http://gras-gefluester.blogspot.co.at/2013/03/ich-bin-kein-galanthophiler-das-bin-ich.html
Bernhard Küenburg, Laszlo Czollner, Johannes Fröhlich, and Ulrich Jordis,
Development of a Pilot Scale Process for the Anti-Alzheimer Drug (-)-Galanthamine Using Large-
Scale Phenolic Oxidative Coupling and Crystallisation-Induced Chiral Conversion
Org. Process Res. Dev.; 3(6), 425 – 431 (1999); doi:10.1021/op990019q
https://www.tuwien.ac.at/aktuelles/news_detail/article/3466/