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Herbst-Lorchel – Helvella Crispa, Krause Lorchel – syn. H. Pityophila, Lorchelartige – Helvellaceae

Heute, im Laub-Mischwald fand ich meine erste Herbst-Lorchel. Andere Formen, wie der gräuliche Bruder – die Gruben-Lorchel – Helvella lacunosa, die Langfuss-Lorchel (Helvella macropus), die elastische Lorchel (Hevella elastica Bull.), der hochgerippte Becherling (Helvella acetabulum), oder die kleinere milchweiße Lorchel – Helvella lactea und noch viele weitere, habe ich bereits mehrmals gesichtet. Über den Speisewert dieses Pilzes gibt es unterschiedliche Meinungen. Mein „Rotkäppchen“ – eine langjährige Pilzfreundin ist völlig verrückt nach ihnen, andere Menschen raten vom Verzehr eher ab. In Italien wird die Herbst-Lorchel als Marktpilz angeboten und gut abgekocht als Spezialität verspeist. Überempfindliche Menschen können mit Magen-Darmverstimmungen reagieren. Es gibt immer wieder Hinweise auf einen minimalen Gehalt an Gyromitrin. Dieses Gift kommt besonders in der Frühjahrs-Lorchel vor. Ein früherer Beitrag über das Thema Morcheln beschäftigt sich intensiv mit diesem Gift. Gyromitrin ist eine hochgifitige und vermutlich karzinogene chemische Verbindung. Das Gift ist flüchtig und wasserlöslich.

Wireframe model of gyromitrin

Strukturformel

Ich persönlich freue mich über den hübschen Anblick der Herbst-Lorchel, lasse sie aber im Wald stehen.

Aussehen

Der Hut ist creme-weiß, lappig, sattelförmig und brüchig im Fleisch. Oft ist er in der Mitte eingeknickt. Der Stiel ist zwischen 2 und 15 cm lang. Stark auffallend ist die tiefe Rillenführung am Stiel. Der Stiel ist biegsam und zäh. Innen befinden sich längsgezogene Hohlräume. Ähnlich wie die Gattung der Morcheln (Morchelartige – Morchellaceae), hat auch die Lorchel (Lorchelartige – Helvellaceae ), im Stiel Hohlräume. Direkt unter dem Hut ist er spitz zulaufend und nach unten hin wird er bauchig. Der Geruch und der Geschmack sind süßlich. Spannend ist bei diesem Pilz, dass die Hutlappen mit einer sporenbildenden Fruchtschicht überzogen sind.

Helvella elastica Bull   Grubenlorchel

Elastische Lorchel                                    Grubenlorchel

Standorte

Mein heutiges Exemplar fand ich am Wegesrand in einem Laub-Mischwald (Wienerwald). Gerne stehen sie an Wegen, an Waldrändern, an humusreichen Stellen und an feuchtem Laub. Aber auch bei Haselsträuchern und Birken. Die herbst-Lorchel steht häufig in Gemeinschaft mit Becherlingen. Die herbst-Lorchel zeigt sich von August bis November. Durch die auffallende Form gibt es kaum Verwechslungsmöglichkeiten.

Wermut

Wermutkraut – Artemisia absinthium, Korbblütler-Astraceae, Bitterkraut, Ölde, Wiegenkraut, Wolfszausert

Wermutpflanze

Wermutpflanze

Unterarten sind Beifuß, Stabwurz, Edelraute und Estragon. In Polen gibt es eine endemische (nur dort vorkommend) Unterart- Artemisia absinthium var. Calcigena, mit sehr ähnlichem Aussehen. Der Name Artemisia soll von der griechischen Göttin Artemis Ilithia, der Geburtshelferin stammen. Im Mittelalter hat Hildegard von Bingen den Wermut bei Erschöpfungszuständen empfohlen. Die Unterart, Silberwermut ist die Artemisia „Valerie Finnis.“ In vielen Klostergärten wurde der Wermut als Heilpflanze und für die Herstellung von Kräuterlikören gezogen.

Aussehen

Es sind weltweit bis zu 250 verschiedene Artemis-Arten bekannt. Vermutlich kommt diese Pflanze ursprünglich aus Sibirien. Eine silbrig-grüne, strauchartige Pflanze. Sie kann bis zu einem Meter hoch werden. Die Laubblätter sind wechselständig, gestielt oder ungestielt und ein-, bis mehrfach fiederteilig. Die unteren Blätter haben eine dreifache Gliederung und sind langgestielt, die weiter oben angesiedelten Blätter sind ein-, oder zweifach gefiedert und kurz gestielt.

Wermutblatt

Blatt

Wermuthkraut

Ganze Pflanze

Alle Blätter haben auf der Blattoberseite eine dichte Behaarung. Die Blüten sind traubig oder rispenartig, meist nickend. Sie hat trockenhäutige Hüllblätter. Die Blüten sind röhrig, homogam (Zeitpunkt der Reifung zwittirger Blüten von männlichen und weiblichen Blütenorganen – Voraussetzung für die Selbstbestäubung. Die Narbe ist empfängnisbereit, währen die Staubbeutel, die eigenen Pollen entlassen), zwittrig oder heterogam (unähnliche Geschlechtspartner). Die Achänen (nicht klaffend, Sonderform der Nussfrucht, einsamige Schließfrucht) bilden einen unterständigen Fruchtknoten (das Gynözeum steht tiefer als die übrigen Blütenteile). Ein Pappus (Haarkranz, Saum) fehlt hier. Die Blütezeit ist meist von Ende Juni bis Ende September. Der Wermut ist ein Lichtkeimer.

Wermut Blüte

Wermut Blüte

Er kann sowohl auf leichter, lockerer Erde ausgestreut, als auch als Steckling vermehrt werden. Die Pflanze vermehrt sich aber auch über ihre Wurzeln – Ausläufer. Vorsicht jedoch bei Staudenbeeten. Der Wermut hat in seinen Wurzeln sogenannte Wurzelexsudate, die das Wachstum anderer Pflanzen hemmen oder sogar verhindern können. Er verträgt sich mit dem Storchschnabel, mit dem Lampenputzergras und mit Nelken.

Image

A: Oberständig, B: Halbunterständig, C: Unterständig, D: Mittelständig

Standorte

Waldwege, Böschungen, Lichtungen, auch in höheren Lagen, eher karge Böden.

Inhaltsstoffe – Heilwirkung

Thujon – ist ein Bestandteil des ätherischen Öls im Wermut. Thujon ist ein Nervengift, das in höheren Dosierungen Verwirrtheit und epileptische Krämpfe ( Konvulsionen) verursachen kann. In der Europäischen Union wurde der Thujongehalt auf 5 mg/kg in alkoholischen Getränken mit einem Alkoholgehalt von bis zu 25 % vol. und bis zu 10 mg/kg in alkoholischen Getränken mit einem Alkoholgehalt von mehr als 25 % vol. sowie bis zu 35 mg/kg in Bitter-Spirituosen begrenzt. Früher war der Alkoholgehalt der Absinth-Getränke bei 45-78%. Die heute erhältlichen Absinthe haben einen Alkoholgehalt mit bis zu 90%. Deswegen wird der Absinth mit Wasser verdünnt getrunken.

(+)-α-Thujon

Strukturformel Thujon

Die Wermutpflanze wurde in der Schweiz zur Herstellung von Absinth – Wermutspirituose, verwendet. Absinth besteht aus Wermut, Anis und Fenchel, Ysop, Zitronenmelisse, Angelika, Kalmus, Koriander, Wacholder, Veronica, Muskat, pontischem Wermut und anderen Kräutern. Er enthält aber das Nervengift Thujon, das in zu großen Mengen eingenommen, zu Vergiftungen und Verwirrtheit führen kann.

Absinth

Absinth

Absinth ist ein grünliches (Chlorophyill im pontischen Wermut), alkoholisches Getränk, das traditionell mit Wasser verdünnt getrunken wird. Er wurde ursprünglich im 18. Jdt. Im Val de Travers (Schweiz, Kanton Neuenburg – Canton de Neuchâtel) hergestellt. Dieses Getränk wurde von vielen Künstlern (auch Literatur) und Dichtern mit Vorliebe getrunken. Paul Gauguin, Camille Pissarro, Ernest Hemingway, Edgar Allan Poe, Henri de Toulouse-Lautrec, Aleister Crowley, Charles Baudelaire, Vincent van Gogh, Arthur Rimbaud und Oscar Wilde sind nur einige der berühmten Absinth-Trinker. Um 1915 wurde das Getränk in vielen Staaten, u.a. in den U.S.A.als Suchtmittel verboten. Es wurden Gesundheitsschäden befürchtet. Vermutlich waren die Vergiftungen aber eher auf die schlechte Alkoholqualität (Amylalkohol, Fuselöle, 1-Pentanol) und die konsumierten Mengen zurückzuführen. Seit 1998 ist das Getränk wieder zugelassen.  

Exkurs: Absinth-Rituale und Absinth auf Gemälden

Um 1860 etablierte sich die sogenannte „Grüne Stunde“ in den Französischen Städten. Man trank zwischen 17 und 19 Uhr Absinth. Verschiedene Trinkrituale entstanden, wie die Fontänen. Unter die Hähne wurde der Absinth-Löffel gehalten, darauf ein Zuckerstück. Es tropfte im Sekundenabstand ein Tropfen Wasser auf den Zucker. Das Wasser hinterließ im darunterstehenden Absinthglas eine milchige Spur. So wurde das richtige Mischungsverhältnis hergestellt.

Absinthfontäne

Absinthfontäne

Absinthgläser und Löffel

Absinthgläser und Löffel

Der Absinth war vor allem für Frauen, die nicht aus Halb-, oder Unterwelt stammten, die gesellschaftlich akzeptierte Variante, ja sogar chice Version des Alkoholismus. Die Häufigkeit der Verewigung in vielen Gemälden, zeigt die alkoholbedingten gesellschaftlichen Probleme einer Gesellschaft.

Absinth-Trinker von Victor Oliva 1901

Absinth-Trinker von Victor Oliva 1901

Absinth-Trinker von Éduard Manet 1859

Absinth-Trinker von Éduard Manet 1859

Absinth-Trinker Vincent van Gogh

Absinth-Trinker Vincent van Gogh

bsinth-Trinker von Edgar Degas 1876

bsinth-Trinker von Edgar Degas 1876

„Es scheint, als sei die gesamte europäische Elite der Literatur und der bildenden Künste im Absinthrausch durch das ausgehende 19. und beginnende 20. Jahrhundert getorkelt.“

So schreiben Hannes Bertschi und Marcus Reckewitz über dieses Phänomen des gemeinschaftlichen Alkoholrausches durch Absinth.

Bitterstoffe. Außer in Absinth ist Wermut auch im alkoholischen Getränk Noilly Prat enthalten. Er ist Bestandteil des Hausmittels „Schwedenbitter“.

Wermut zählt zu den Pflanzen mit den höchsten Bitterstoffanteilen (neben Enzian, oder Andorn). Sie sind auch für die gesundheitsfördernde Kraft verantwortlich. Die höchste Würzkraft hat der Wermut in der Zeit von Juni bis September. Er wurde schon in der Antike gegen viele Krankheiten und Befindlichkeitsstörungen eingesetzt. Heute wird Wermut wegen seiner durchblutungsfördernden Wirkung bei Kopfschmerzen, Entzündungen und Menstruationsschmerzen verwendet. Wermut hilft als Hausmittel in Form von Würzkraut und passt gut zu deftigen und fettreichen Speisen. Als Würzkraut oder Tee hilft er bei Magenverstimmungen, Verdauungsstörungen, Appetitlosigkeit oder Blähungen. Er wirkt appetitanregend, gallenflussfördernd, leberschützend, zum Teil antiviral, durchblutungsfördernd, tonisierend, immunsystemstärkend. Er hat positiven Einfluss auf Magen, Darm, Leber und Galle. Das Kraut unterstützt bei Appetitlosigkeit (Bitterstoffe), Magenproblemen, Durchfall, regt die Gallenresektion an, bessert Diabetes, Gelbsucht und Blutarmut. Abtreibendes Mittel! Er enthält außerdem: Ätherisches Öl, Absinthol, das Glykosid Absinthin, Bitterstoffe, Artemisin, Absinthiin, Anabsinthiin und Bernsteinsäure

In der Homöopathie wird er auch bei Epilepsie, hysterischen Zuständen und bei Veitstanz gegeben.

Rezepte

Wermut-Tee, oder Wermut-Tinktur

In kleinen Mengen genossen, stärkt er die Sinne und hilft gegen Magenverstimmungen. Ein Teelöffel Wermutkraut (frisch oder getrocknet) mit 300 ml kochendem Wasser übergießen und kurz ziehen lassen. Der Tee kann mit Honig oder Zucker gesüßt werden, das allerdings die Heilkraft vermindert. Empfohlen werden etwa 2 bis 3 Tassen täglich, jeweils eine halbe Stunde vor den Mahlzeiten eingenommen werden sollten. Nicht als Daueranwendung gedacht. Immer wieder pausieren.

Tinktur

Frische Wermutblätter mit Weingeist oder hochprozentigem Alkohol aufgießen und das Glas mit Deckel verschließen. 2-6 Wochen ziehen lassen. An einem dunklen Ort lagern oder in dunkle Flaschen abfüllen.

Als Tinktur, kann er mit Kompressen aufgelegt werden, oder 10-15 Tropfen mit Wasser verdünnt einnehmen. Ein Tropfen bei Kopfschmerzen an den Schläfen eingerieben, hilft sie zu vertreiben.

Wermut ist ein Wehenauslöser! Schwangere und Stillende sollten keinen Wermut zu sich nehmen.

Räucherpflanze

Die nordamerikanischen Indianer verwenden das Kraut zur rituellen Reinigung. Sie haben es dem Element Erde und dem Planeten Saturn zugeordnet. Für Schutzräucherungen unterstützt er die emotionalen Stärken und hilft, Neid und Missgunst abzuwehren. Er wirkt, wie alle Wermutpflanzen als „Seelenbalsam“, unterstützt Hellsicht und fördert Visionen. Er wird auch als Rauch bei Orakelbefragungen eingesetzt.